Resonanzen und Zahl der Bäuche

Eine Resonanz basiert immer auf den Eigenfrequenzen der beiden beteiligten Objekte, die in Resonanz treten. Die Eigenfrequenzen sind für jedes Objekt, das schwingen kann, durch seine individuellen physikalischen Gegebenheiten wie Grösse, Form, Material usw. vorgegeben.

Für die Resonanzen ist es nicht nötig, dass die Frequenzen der beiden schwingenden Objekte identisch sind. Sie können andererseits aber auch nicht in einem beliebigen Verhältnis stehen, sondern es sind nur ganz bestimmte (mathematisch: diskrete) Frequenzverhältnisse möglich. Dabei geht es immer um ganze Zahlen, weil eine Schwingung in einem Objekt stets als ganze Form, d.h. mit einem oder mehreren kompletten Schwingungsbäuchen im Objekt entstehen kann:



So entstehen in einem Objekt die Obertöne, die ein n-faches (ganzzahliges) Vielfache der Grundfrequenz darstellen.

Ein Objekt, dessen Eigenfrequenz ein n-faches der Eigenfrequenz eines anderen Objektes ist (Oberton), kann von diesem leicht zur Resonanz angeregt werden (Resonanz 2. Grades). Dabei sind aber nicht alle Obertöne gleich leicht in Schwingung zu versetzen. Je mehr Bäuche eine Oberschwingung hat, umso schwieriger ist eine Resonanz erreichbar.

Das hat physikalische Gründe:


Weshalb die Bauchzahl eine Rolle spielt



Als Beispiel betrachten wir eine schwingende Saite. Die senkrechten Pfeile stellen die Schwingungen der Saite dar. Je näher wir zu den Saitenenden kommen, umso weniger kann die Saite dort ausschlagen. In der Mitte aber kann die Saite frei schwingen und dort wird sie die umgebende Luft stärker zum Mitschwingen veranlassen. Die Übertragung der Saitenschwingung in die Luftschwingung wird dort am stärksten sein, gegen die Saitenenden nimmt die Übertragung ab, bis sie null erreicht und die Luft nicht mehr bewegen kann. Im Gegenteil: Da die Saite eine physikalische Einheit ist, werden die Bewegungen in der Mitte an den Enden ziehen, und so Energie absorbieren. Die Effizienz ist somit in der Mitte stark und an den Enden sogar negativ, die Energie, mit der die Saite angeschlagen worden ist, verpufft dort in Reibung. 

Diese Überlegung trifft auf Schwingungen mit einem Bauch zu. Wie aber ist es bei Flageolett - Tönen, wenn mehrere Bäuche auf der Saite auftreten können?



Die roten Pfeile stehen für die Auslenkung einer bestimmten Stelle auf der Saite. Diese ist limitiert und hängt vom Abstand zur Befestigung am linken Ende ab. Je näher die Stelle am Befestigungsende ist, umso mehr wird die Auslenkung erschwert, da das befestigte Ende die Stelle in die Ruheposition zieht. Bei der Saite unten mit einem Bauch ist der Pfeil gleich weit weg wie bei der Saite mit drei Bäuchen und wir können annehmen, dass die Auslenkung bei gleicher Schwungenergie in etwa gleich stark sein wird, die Wirkung auf die umgebende Luft ebenfalls. Bei drei Bäuchen nimmt die Auslenkung aber gleich wieder ab und erreicht bei den beiden Knoten in der Mitte wieder Null, bei einem Bauch aber nimmt sie weiterhin zu und erreicht erst am wirklichen Saitenende wieder null. Wenn für die einfache und die dreifache Frequenz die gleiche Energie investiert wird, dann ist die Effizienz, d.h. die Wirkung pro Aufwand bei drei Bäuchen kleiner, weil viel Energie in die Reibung verpufft. Bei einem Bauch jedoch kann die Saite über die meiste Strecke frei und weit schwingen und die Wirkung auf die Luft ist dort sehr stark.

Mit anderen Worten: Je weniger Bäuche die Schwingung hat, umso stärker wirkt sie gegen aussen, je mehr sie hat, umso stärker wird sie gebremst.

Das hat Auswirkungen auf die Resonanz 2. und 3. Grades. Denn bei diesen Resonanzen schwingen eines oder beide der Objekte mit mehr als einem Bauch. Je höher nun die Bauchzahl ist, umso weniger effizient ist der Energietransfer, und umso schwächer ist die Resonanz.




Kleine Bauchzahl bei Obertönen

Bei den hohen Obertönen, die sehr viele Bäuche aufweisen ist die Effizienz sehr schlecht. Deshalb sind die Obertöne leiser, je höher sie sind. Das betrifft auch die Resonanz: Nur die allerersten Obertöne haben eine starke Resonanz zum Grundton, die Resonanz lässt schnell nach, je höher der Oberton ist.


Kleine Bauchzahl bei Resonanzen dritten Grades

Das Verhältnis zwischen den zwei Frequenzen wird in einem Bruch ausgedrückt:

F2 / F1



Die Abbildung zeigt zwei Saiten, die im Verhältnis 3/2 schwingen. Dieses ist resonant, weil beide Saiten wirklich schwingen können (keine halben  Bäuche). Zusätzlich weisen aber beide Schwingungen eine relativ kleine Zahl von Bäuchen auf. Dadurch wird relativ wenig Energie verschwendet und die Resonanz ist stark. 

Denn auch hier gilt aus den gleichen Überlegungen: Je kleiner die beiden Zahlen im Bruch F2 / F1, umso stärker ist die Resonanz.